19.2.2015 | Nanotechnologie

 150219Bild Graphen

Das Nanomaterial Graphen gilt als ein Wunder in der Welt der Moleküle. Das aus einer einzigen Schicht von Kohlenstoffatomen bestehende Material verfügt über ausserordentliche elektrische, mechanische und thermische Eigenschaften. Die Liste möglicher Anwendungen ist enorm. Bild: AlexanderAlUS

Das Nanomaterial Graphen ist auf dem Weg, das Flaggschiff der Nanotechnologie zu werden. Die EU hatte im Jahre 2013 zwei Grossforschungsprojekte ausgewählt: Das Graphen-Projekt und die Simulation des menschlichen Gehirns. Das sogenannte „Graphen Flaggschiff“ ist mit einem Budget von 1 Milliarde Euro Fördergeldern die grösste je von der EU finanzierte Forschungsinitiative. Im übertragenen Sinne wird heute unter Flaggschiff ein Vorzeigeprodukt eines Unternehmens oder einer Organisation verstanden. Das Projekt soll die Forschung und die Industrie, die sich mit Graphen befassen, im Zeitraum von 10 Jahren zusammenbringen. Man verspricht damit ökonomisches Wachstum, neue Stellen und neue technische Möglichkeiten. Graphen ist eine Modifikation des Kohlenstoffs mit zweidimensionaler Struktur, in der jedes Kohlenstoffatom zu drei weiteren verbunden ist, so dass sich ein bienenwabenförmiges, zweidimensionales Muster bildet. Graphen entspricht somit einer einlagigen Form des bekannten Graphits. Im Jahre 2010 erhielten Andre Geim und Konstantin Novoselov für ihre Arbeiten zu Graphen und dessen ungewöhnlichen Eigenschaften den Nobelpreis für Physik.

Graphen hat ungewöhnliche Eigenschaften. Insbesondere werden heute die elektronischen, optischen, magnetischen, thermischen und mechanischen Eigenschaften hervorgehoben und erforscht. Beispielsweise sind Graphen-Flächeneinkristalle ausserordentlich steif und fest (fast wie Diamant). Die Zugfestigkeit – die maximale mechanische Zugspannung, die der Werkstoff aushält, bevor er reisst - ist die höchste, die je für ein Material ermittelt wurde. Sie ist 200-mal höher als bei Stahl. Wegen der hohen elektrischen Leitfähigkeit wird vermutet, dass Graphen Silizium als Transistormaterial ablösen könnte. Und da Graphen transparent ist, verspricht man sich Anwendungen in Bildschirmen, Touchscreens, Akkus oder Solarzellen. Graphen ist ausreichend flexibel, um in Kleidungsstücken oder faltbaren Smartphones verarbeitet werden zu können. Weitere Beispiele möglicher Anwendungen sind die Entwicklung neuartiger Batterien oder leichterer Flugzeuge. In den letzten Jahren wurden Fortschritte erzielt, Graphen mit einfachen Methoden fehlerfrei und in grossen Mengen herzustellen. Ziel ist es, das Nano-Wundermaterial in Massenproduktionsverfahren zu produzieren.

Über die Auswirkungen von Graphen auf Mensch und Umwelt ist jedoch noch erstaunlich wenig bekannt. Im Gegensatz zu anderen Nanomaterialien sind bisher die Toxizität und die möglichen Auswirkungen auf die Umwelt von Graphen nicht eingehend untersucht worden. Erste Untersuchungen befassen sich mit der Ökotoxizität von reinem Graphen gegenüber marinen Organismen oder der Adsorption, Dispersion, Toxizität und Transformation von Graphen in der wässrigen Umwelt.