Magazin
Gentechfrei Magazin 128
Gentechnik lässt Pflanzen erstrahlen
Leuchtende Petunien und grüne Kandelaber
Für eine Welt ohne Gentechnik
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Schweizer Allianz Gentechfrei, 8032 Zürich
Die SAG beobachtet die Entwicklungen in der Nanotechnologie bei Lebensmitteln, Gebrauchsartikeln und in der Landwirtschaft seit Längerem kritisch. Ausführliche Informationen dazu auf der Unterseite Nanotechnologie.
Bereits 2021 hat Testbiotech einen Bericht über die Lücken bei der Risikoprüfung transgener Pflanzen veröffentlicht. Bild: Shutterstock
Seit 2019 hat die EU zwei Dutzend neue Genehmigungen für Import und Vermarktung transgener Pflanzen erteilt. Jeweils entgegen der Haltung des EU-Parlaments, das sich mit grossen Mehrheiten gegen diese Zulassungen aussprach. Die EU-Kommission berücksichtigte bei ihren Entscheidungen keine einzige dieser Resolutionen. Es gab auch keine Bemühungen seitens der EU Kommission, die Sicherheitsstandards der Zulassungsprüfungen zu verbessern. Vor kurzem hat das EU-Parlament zwei weitere Resolutionen gegen den Import von bestimmter gentechnisch veränderter Maislinien angenommen. Eine dieser Linien wurde gegen mehrere Herbizide resistent gemacht und produziert verschiedene Insektengifte. Das Parlament kritisiert in den Resolutionen erneut die unzureichende Risikoprüfung durch die Europäische Lebensmittelbehörde EFSA.
(Bild: Shutterstock)
Fokusartikel Gentechfrei Magazin Nr. 126
Anfang Juli hat die EU-Kommission einen Verordnungsentwurf zur Deregulierung der neuen gentechnischen Verfahren vorgestellt. Wird dieser angenommen, droht der gentechnikfreien Land- und Lebensmittelwirtschaft in Europa das Aus.
Technologien wie CRISPR/Cas blockieren die wirklich wichtigen und dringlichen Umbaumassnahmen in der Landwirtschaft. Daher sollte ihre Deregulierung auch in der Schweiz entschieden bekämpft werden.
Industrienahe Kreise führen eine Desinformationskampagne, um die neue Gentechnik zu deregulieren. Bild: Shutterstock
Menschen, die GVO kritisch gegenüberstehen, werden von der Industrielobby gerne diskreditiert und mit Klimaleugnern gleichgesetzt. Sie würden Fehlinformationen verbreiten, welche von einem breitgestützten „wissenschaftlichen Konsens“ abweichen, so ihre Anschuldigung. Diese Behauptung vertritt auch ein im letzten Jahr in der Zeitschrift GM Crops and Food veröffentlichte Artikel des Cheflobbyisten der Alliance for Science, Mark Lynas, bezüglich GVO.
Lynas und seine Mitverfassenden behaupten zudem, dass diese Art von "Fehlinformation" über GVO in den Medien in erheblichem Umfang verbreitet werde – und zwar proportional häufiger als bei anderen umstrittenen wissenschaftlichen Themen. Dieser Fluss an „Fehlinformationen“ sei schuld an der negativen Einstellung der Öffentlichkeit gegenüber GVO und an den dementsprechend übermässig strengen Regulierungssystemen.
Eine neue Publikation in der Zeitschrift Environmental Sciences nimmt das fragwürdige Papier auseinander und deckt falsche und irreführende Behauptungen, sowie hinkende Analogien auf.
Einschränkungen technischer Natur bremsen die Kommerzialisierung von CRISPR-Pflanzen aus. Bild: Shutterstock
Es seien die hemmenden gesetzlichen Vorschriften, die verhindern, dass die neue Gentechnik ihre Versprechen einlösen könne, verkünden die Lobbyisten der Biotechnologie und die mit ihr verbandelten politischen Kreise ständig. Nun stellen argentinische Regierungswissenschaftler in einem kürzlich veröffentlichten Artikel fest, dass nicht das Gesetz, sondern eher technische Einschränkungen zu Verzögerungen bei der Kommerzialisierung führen. Wissenschaftler hätten Schwierigkeiten, wünschenswerte Eigenschaften in Pflanzen einzubringen und marktfähige Pflanzenlinien auf den Markt zu bringen. Dass ausgerechnet Regierungswissenschaftler auf dieses Ergebnis kommen, ist deswegen höchst überraschend, da Argentinien die Anwendung der neuen Gentechnik in der Landwirtschaft bereits dereguliert hat.
Ähnliche Hindernisse nennt auch ein neues Factsheet der SAG und listet verschiedene zusätzlichen Bremsen auf, welche den Weg vom Labor aufs Feld verlängern. Denn die die neue Gentechnik setzt im Vergleich zur herkömmlichen Züchtung ein ungleich höheres Mass an genomischem und bioinformatischem Wissen voraus. Dieses Wissen zu erschaffen, ist zeitaufwendig. Grundsätzlich gilt: Das CRISPRen kann nur dann schnell sein, wenn Züchtende wissen, welche(s) Gen(e) im Erbgut einer Sorte sie wie editieren müssen.
In Argentinien wird ausschliesslich gentechnisch veränderte Soja angebaut. Bild: Shutterstock
Trockenheitstoleranz wird gerne ins Felde geführt, um zu begründen, wieso die Regeln für neue Gentechnik aufgeweicht werden sollten. Eine solche trockenheitstolerante genomeditierte Sojabohne wurde 2022 in Brasilien und Argentinien zugelassen. Doch bis sie auf den Feldern wachsen wird, könnte es noch eine Weile dauern, wie Recherchen des deutschen Informationsdienst Gentechnik zeigen. Bereits 2015 wurde in Argentinien eine transgene trockenheitstolerante Sojasorte (Verdeca HB4) zum Anbau zugelassen. Neben der Trockenheitstoleranz besitzen HB4-Sojabohnen auch eine Resistenz gegen Glufosinat, ein Breitspektrum-Herbizid, das zur Bekämpfung einer Vielzahl von Unkräutern eingesetzt wird.
Die derzeitige Auslegung des Patentrechts kann Patente auf die konventionelle Züchtung nicht stoppen. Bild: No Patents on Seeds!
In Europa werden immer mehr Patentanmeldungen für Organismen, die mit neuer Gentechnik erstellt wurden, eingereicht und immer häufiger werden diese Patenten auch erteilt. Dies gibt Anlass zur Sorge. Nach aktuellen Recherchen der Koalition «No Patents on Seeds» sind in Europa bereits mehr als 1‘000 konventionell gezüchtete Pflanzensorten von Patenten betroffen, obwohl es laut europäischen Gesetzen solche Patente gar nicht geben dürfte. Für die Koalition stellt diese Entwicklung eine Gefahr für die europäische Pflanzenzucht dar, wie sie in ihrem neusten Bericht ausführt. Denn viele dieser Patente beanspruchen natürlich oder zufällig vorkommende Genvarianten, wie sie in der traditionellen Züchtung verwendet werden. Verfahren der neuen Gentechnik werden dabei oft dazu verwendet, Patentansprüche einfach als technische Erfindungen zu "verkleiden".