Gefährdung Nicht-Ziel-Organismen

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Tagpfauenaugen bewohnen fast alle Lebensräume und sind überall sehr zahlreich.

Gentech-Mais gefährdet gemäss einer neuen ungarischen Studie den Schmetterling Tagpfauenauge. Das Tagpfauenauge heftet seine Eier an die Unterseite von Brennnesseln, die meist am Rand von Maisfeldern wachsen. Nach dem Schlüpfen fressen die Raupen das Brennnesselblatt samt Maispollen. Es starben etwa 20 Prozent der Schmetterlingsraupen, die Pollen der gentechnisch veränderten Pflanzen gefressen hatten.

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Bild: Dr. Jörg Leopold, Universität Göttingen

MON810-Mais ist die einzige Gentech-Pflanze, die derzeit in den EU-Ländern kommerziell angebaut wird. In Deutschland sind fünf Maissorten zugelassen, die auf MON810 zurückgehen.

Saatgut der Gentech-Maissorte MON810 darf in Deutschland zukünftig nur noch dann zu kommerziellen Zwecken abgegeben werden, wenn Monsanto dem Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) ein Plan zur Beobachtung der Umweltauswirkungen vorlegt. Für 2007 kommt das Verbot des Bundes allerdings zu spät. MON810 ist bereits ausgesät.

Im rechtlichen Bescheid gibt das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) zum Ausdruck, dass neuere Untersuchungen deutlich machen würden, dass das von der Pflanze produzierte Bt-Eiweiss nicht nur gegen den Schädling Maiszünsler wirkt, sondern auch Nicht-Ziel-Insekten schädigt. Das Bundesamt weist auf Studien hin, wonach das Toxin zudem eine «eindeutig schädliche Wirkung» auf Schmetterlinge habe.

Weiter heisst es im Bescheid des BVL: «Diese neuen und zusätzlichen Informationen, die Auswirkungen auf die Risikobewertung haben, bzw. diese Neubewertung der vorliegenden Informationen auf Grundlage neuer oder zusätzlicher wissenschaftlicher Erkenntnisse geben berechtigten Grund zu der Annahme, dass der Anbau von MON810 eine Gefahr für die Umwelt darstellt.»

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Credit: Zina Deretsky, National Science Foundation

Bt-Mais wird eingesetzt, um den Schädling Maisstengelbohrer (stem borer) zu bekämpfen. Kommen Maisrückstände in Fliessgewässer, so kann der Bt-Mais auch dem Nützling Köcherfliege (caddisfly) schaden.

Wird Bt-Mais in der Nähe von Fliessgewässern angebaut, können Pollen und Pflanzenreste in Oberflächengewässern transportiert werden. Amerikanische Wissenschaftler berichten in einer Studie, dass gentechnisch veränderter Bt-Mais, der in der Nähe von Gewässern wächst, Wasserorganismen schadet. Köcherfliegen, die als Futter für Fische und Amphibien dienen, zeigten in Laborversuchen bei Fütterung mit Bt-Maisblättern reduzierte Wachstumsraten.
Die Forscher äussern ernsthafte Bedenken über negative Einflüsse durch den Bt-Maisanbau auf Organismen in Gewässern. Diese Erkenntnis ist für den Schweizer Gesetzgeber ein wichtiger Hinweis, denn gemäss der Freisetzungsverordnung dürfen gentechnisch veränderte Organismen nicht in Fliessgewässern vorkommen:
Die Freisetzungsverordnung besagt in Artikel 8 Absatz 2 und 3: „Freisetzungsversuche in besonders empfindlichen oder schützenswerten Lebensräumen sind nur zulässig, wenn der Umgang mit den betroffenen Organismen in der Umwelt zur Vermeidung oder Behebung schädlicher oder lästiger Einwirkungen auf Menschen, Tiere, Pflanzen oder die Umwelt dient.
(...)
3 Besonders empfindliche oder schützenswerte Lebensräume sind:
b. oberirdische Gewässer und ein 3 m breiter Streifen entlang solchen Gewässern“.

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Die Schädigung des Monarch-Schmetterlings (Bild: Danaus plexippus plexippus (Linnaeus)) durch schädlingsresistente Gentech-Pflanzen ist eine langjährige Kontroverse. Eine neue Studie zeigt, dass Gentech-Sorten, die in der EU zugelassen werden sollen, einen Einfluss auf erhöhte Mortalität der Schmetterlinge haben kann.

Zwei Gentech-Maissorten töten nicht nur Schädlinge, sondern bedrohen auch Schmetterlinge. Dies bestätigen US-ForscherInnen in einer jüngst publizierten Studie. Eine Gentech-Sorte stammt vom Schweizer Agro-Multi Syngenta, die andere vom US-Konzern Monsanto. Sie könnten in der EU bereits nächstes Jahr angebaut resp. Als Lebensmittel zugelassen werden.

US-ForscherInnen haben während zwei Jahren die Langzeitauswirkungen vom Pollen der Gentech-Maissorten MON810 und Bt11 auf den Monarchfalter untersucht. Die Feldtests zeigen, dass weniger Raupen das Erwachsenenalter erreichen, wenn sie vom Gentech-Pollen fressen. Dass laut der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA der Anbau und Verzehr von MON810 sowie der Verzehr von Bt11 als unbedenklich eingestuft wird, ist angesichts der neuen Veröffentlichung damit um ein weiteres Argument fraglich geworden.