Glycine soja 81

Bild: Dalgial

In den USA ist dieses Jahr die erste Sojapflanze auf den Markt gekommen, die mit den neuen gentechnischen Verfahren manipuliert worden ist. Die Sojabohnen besitzen ein verändertes Fettsäureprofil. Die GV-Sojabohnen wurden von der Firma Calyxt entwickelt und werden grösstenteils zu einem Sojaöl namens Calyno verarbeitet. Im Vergleich zu Öl aus konventionell gezüchteten Sojabohnen soll das GV-Sojaöl soll einen höheren Gehalt an Ölsäure haben und keine Transfette enthalten. Diese gelten als gesundheitlich bedenklich und müssen in der USA daher deklariert werden.

Bis jetzt hat die Firma ihr GV-Sojaöl an Gastronomiebetriebe verkauft, will es nun aber auch für den privaten Konsum anbieten. Calyxt hofft, dass ihr GV-Sojaöl eines Tages das weltweit beliebte Olivenöl ersetzen wird, welches einen ähnlichen Nährstoffgehalt hat.

Mit den neuen gentechnischen Verfahren der Genomeditierung ist der Gentechnik eine neue Türe geöffnet worden. Neben einer angeblich präziseren Anwendung lassen sich mit diesen neuen Verfahren in manchen Ländern leider auch die GVO-Regulierungen umgehen. Das Genom der Sojapflanzen wurde mit der Genschere TALEN (Transcription Activator-Like Effector Nuclease) manipuliert. Weil keine artfremden Gene hinzugefügt wurden, gelten die Sojabohnen in den USA rechtlich nicht als GVO und müssen somit auch nicht als solche gekennzeichnet werden.

Die Entwickler von Calyxt versichern, dass sich die genetische Manipulation durch Genome Editing kaum von natürlicher Züchtung unterscheiden liesse. Die deutsche Organisation Testbiotech kam zu einem anderen Schluss. In einem neuen Bericht erklärt sie, welche Veränderungen im Erbgut durch die Genomeditierung hervorgerufen werden können. Diese würden sich „deutlich von denen unterscheiden, die mit herkömmlicher Züchtung erzielt werden“. So könnten Genscheren ganze Genfamilien auf einmal verändern, was mit bisheriger Züchtung nur schwer oder gar nicht zu erreichen sei. Entsprechend grösser seien auch die mit diesen Veränderungen verbundenen Risiken. Demgemäss entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Juli 2018, dass die neuen gentechnischen Verfahren und die daraus entstandenen Organismen in Europa gleich reguliert werden sollen, wie die klassische Gentechnik.

Und wie sieht es mit der Regulierung der neuen Gentechnik in der Schweiz aus? Der Bundesrat kam im November zur Ansicht, dass es nicht klar sei, ob Organismen, die mit den neuen gentechnischen Verfahren manipuliert wurden, entsprechend der heutigen Gesetzgebung als gentechnisch veränderte Organismen gelten oder nicht. Das geltende Recht soll risikobasiert den neuen Entwicklungen angepasst werden. Dabei soll am Vorsorgeprinzip festgehalten werden. Ende August 2018 hat die SAG eine Petition mit 30'000 Unterschriften beim Bundesrat eingereicht mit der Forderung, die neuen Gentechnikverfahren dem bestehenden Gentechnikgesetz zu unterstellen. Nur so kann die Sicherheit und Wahlfreiheit für Konsumentinnen und Konsumenten gewährleistet werden. Der Bundesrat wird die Eckpunkte zur Anpassung der rechtlichen Grundlagen nach dem Sommer 2019 festlegen. In der Schweiz besteht also noch die Möglichkeit, dass die neue Gentechnik ähnlich streng wie in der EU reguliert wird. Anders in den USA. Dort werden in diesem Jahr wahrscheinlich noch weitere genomeditierte Produkte ohne Kennzeichnung auf den Markt kommen. Auch die Firma Calyxt entwickelt weitere GV-Lebensmittel, beispielsweise Weizen mit einem höheren Gehalt an Ballaststoffen und Kartoffeln, die weniger schnell bräunen.