moratoriumBild: Zsofia Hock

Gene Drives gehören zu den gefährlichsten Anwendungen der Genschere CRISPR/Cas. Diese gentechnische Kettenreaktion soll es zukünftig möglich machen, künstlich veränderte Gene innerhalb weniger Generationen in einer ganzen Population zu verbreiten. Die gentechnische Veränderung würde willentlich in der Natur und nicht wie bisher in einem Labor stattfinden. Doch soll der Mensch wildlebende Arten verändern, ersetzen oder gar ausrotten? Wie eine länderübergreifende Meinungsumfrage zu diesem Thema zeigt, lautet die Antwort der Mehrheit der BürgerInnen: „Nein, die Risiken sind zu hoch“.

Im Rahmen der vom internationalen Marktforschungsinstitut YouGov durchgeführten repräsentativen Umfrage wurden im Dezember 2020 BürgerInnen aus acht EU-Ländern befragt. Die Umfrage wurde von einem Bündnis von neun Umweltorganisationen aus Deutschland, Frankreich, Schweden und Bulgarien in Auftrag gegeben, die ein weltweites Moratorium auf die Freisetzung dieser Art von gentechnisch veränderten Organismen fordern.

Die Ergebnisse der Meinungsumfrage zeigen eine hohe Ablehnung (je nach Land 46 - 70 Prozent) und eine sehr geringe Unterstützung (7 - 16 Prozent) für den Einsatz der Gene-Drive-Technologie in der Umwelt. Die Umfrage zeigt auch, dass ein grosser Teil der Befragten in Bezug auf diese Technologie noch unentschieden ist (14 - 27 Prozent) oder keine Antwort weiss (1 - 24 Prozent).

Bislang vorgeschlagene Anwendungsgebiete für Gene-Drives umfassen vor allem die Ausrottung oder Veränderung von Insekten und Nagetieren mit dem propagierten Ziel, die Übertragung von Infektionskrankheiten zu verhindern, landwirtschaftliche Schädlinge einzudämmen oder invasive Arten zu kontrollieren. Die starke Beteiligung von Militärbehörden an der Forschung lässt erahnen, dass die Technologie auch zur Entwicklung von biologischen Waffen genutzt werden könnte.  

„Eine derart mächtige Technologie mit potenziell irreversiblen Folgen für wildlebende Arten und alle ihre Ökosysteme muss durch strenge internationale Regeln und Verfahren der Entscheidungsfindung kontrolliert werden. Wir sind der Meinung, dass die Freisetzung von Gene-Drive-Organismen aus dem Labor in die Umwelt überhaupt nicht stattfinden sollte“, erklärt die Koordinatorin der Europäischen Stop Gene-Drive Kampagne, Mareike Imken von Save Our Seeds, Deutschland. Zumindest bedürfte es strenger internationaler Standards für eine Technikfolgen- und Risikobewertung und einen globalen Konsens für jede Freisetzung auf Basis einer vorherigen inklusiven, demokratischen Entscheidungsfindung aller potenziell betroffenen Staaten und Völker.

Eine grosse Mehrheit der Befragten (65 - 82 Prozent) stimmt der Aussage zu, dass die Freisetzung von Gene-Drive-Organismen (GDO) in die Umwelt so lange aufgeschoben werden sollte, bis wissenschaftlich nachgewiesen ist, dass ihre Freisetzung der biologischen Vielfalt, der menschlichen Gesundheit, der Landwirtschaft oder dem Frieden nicht schaden würde. Eine ähnliche Mehrheit (61 - 85 Prozent) stimmt zu, dass die Genehmigung zur Freisetzung von Gene-Drive-Organismen in die Umwelt, die sich global ausbreiten könnten, einen globalen Konsens erfordern müsse.

Das Thema ist sehr aktuell, denn an der 15. Vertragsstaatenkonferenz zum Übereinkommen über die biologische Vielfalt im Mai 2021 wird über die internationale Regulierung von Gene Drives entschieden. Das Europäische Parlament hat sich aufgrund der vielen offenen Fragen bereits 2020 für ein globales Moratorium auf die Freisetzung von GDO in die Natur ausgesprochen. Dieser Forderung schlossen sich weltweit über 200 Organisationen an. Zusammen mit einem grossen Bündnis von zivilgesellschaftlichen Organisationen forderte auch die SAG den Bundesrat auf, sich für ein Gene Drive-Moratorium zum Schutz der Biodiversität einzusetzen und damit das Vorsorgeprinzip zu stärken. Die offizielle Schweiz hat sich jedoch noch nicht zum Thema positioniert.