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Am 25. Juni hat der Bundesrat den Bericht über die künftige Ausrichtung der Agrarpolitik in der Schweiz verabschiedet. Die generelle Ausrichtung auf eine nachhaltigere Landwirtschaft ist grundsätzlich zu begrüssen. Die SAG bestreitet jedoch, dass schnelle technische Lösungen den Weg zur Nachhaltigkeit ebnen können. Für einen Paradigmenwechsel hin zu Nachhaltigkeit bedarf es einer gründlichen Ursachenanalyse der aktuellen Probleme der Landwirtschaft, wie dies auch im Bericht im Hinblick auf die Reduktion des Pestizideinsatzes durch die Mitarbeitenden des Institut für Umwelt und Natürliche Ressourcen (IUNR) betont wird. Eine Symptombehandlung mit gentechnisch veränderten Organismen bringt in diesem Fall keine Abhilfe, sondern schafft nur neue Probleme (z.B. noch giftigere Pestizide).

Keine Produkte für Klima oder Nachhaltigkeit auf dem Markt

Tatsache ist, dass weltweit – d.h. auch in Ländern mit einer lascheren Regulierung – noch kaum Produkte mit einem Nutzen für Klima oder den Konsum verfügbar sind. Im Gegenteil: In den Entwicklungspipelines dominieren nach wie vor Eigenschaften wie Herbizidtoleranz, ergänzt durch Pflanzen mit veränderten Inhaltstoffen, Lifestyle-Produkte für eine gesündere Ernährung einer zahlungskräftigen Klientel.

Der Grund: Diese Eigenschaften lassen sich einfach und schnell durch das Ausschalten einzelner Gene erzeugen. Denn genau zu solchen Eingriffen, ist die Biotechnologie derzeit in der Lage. Komplexere Eigenschaften, wie z.B. Trockenheitstoleranz, die auf vielen Genen beruhen, werden noch lange auf sich warten lassen. Auch dauerhafte, polygene Resistenzen liegen noch in weiter Ferne – gentechnisch eingebrachte monogene Resistenzen, wie die vom Bundesrat Parmelin erwähnte Resistenz gegen die Kraut- und Knollenfäule, werden schnell durchbrochen und stellen daher keine nachhaltige Lösung dar. Zudem gibt es bereits resistente Kartoffeln, die ohne Gentechnik gezüchtet wurden.

Förderung der agrarökologischen Forschung notwendig

Die heute verfügbaren gentechnisch veränderten Pflanzen sind daher für den Anbau in der Schweiz uninteressant, wie auch die Mitarbeitenden der IUNR bestätigen. Vielmehr sollte die Innovation im Bereich der bereits bewährten und risikoärmeren Ansätze gefördert werden.  Nur auf Vielfalt basierende agrarökologische Ansätze, wie sie auch die Welternährungsorganisation FAO empfiehlt, führen zu einer widerstandsfähigen und klimaangepassten Landwirtschaft. Gentechnische Methoden können jedoch nie Teil agrarökologischer Konzepte sein, u.a. weil sie die soziale Gerechtigkeit ausser Acht lassen. Die Produkte der Genomeditierung sind patentierbar und schaffen, bzw. verstärken damit Abhängigkeiten und gefährden dadurch die Ernährungssouveränität. Die kurzfristige Symptomlinderung, die diese, auf stark vereinfachten Modellen basierenden Methoden erbringen, ist mit dem Konzept der Agrarökologie nicht vereinbar. Denn dieses zielt nicht nur auf einen partiellen ökologischen Übergang, sondern sucht nach nachhaltigen, langfristigen und systemischen Lösungen.

Verzicht auf artfremde Gene bietet keine erhöhte Sicherheit

Weiter ist darauf hinzuweisen, dass der Verzicht auf das Einfügen artfremder Gene – wie auch Bundesrat Parmelin während der Pressekonferenz fälschlicherweise behauptete – keine erhöhte Sicherheit bietet. Egal, ob die eingefügten Gene von fremden oder verwandten Arten stammen, in beiden Fällen handelt es sich um im Labor synthetisch hergestellte Moleküle. Was das Risiko betrifft, ist ihre Herkunft daher völlig unerheblich. Denn das Risiko ist nicht vom fremden genetischen Material abhängig, sondern von der verwendeten Technik. Im Vergleich zur klassischen Gentechnik erlauben die neuen Gentechnikverfahren zudem eine erhöhte Eingriffstiefe ins Genom – was das Risiko um ein Vielfaches erhöht.

Es ist folglich wichtig, Begriffe richtig zu definieren und deutlich zu machen, dass es sich auch bei Genomeditierung um ein gentechnisches Verfahren handelt. Bezeichnungen wie „neue Züchtungsverfahren“ führen die Konsumierende, die kaum über Hintergrundwissen zu dieser Technologie verfügen, in die Irre.

Gerade wegen dieser fehlenden Entscheidungsgrundlage ist eine offene und ausgewogene Diskussion wichtig, um unvoreingenommen auch über die Risiken, die mit den neuen Technologien verbunden sind, aufzuklären. Nur so kann das im Bericht erwähnte Selbstbestimmungsrecht und die Wahlfreiheit der Konsumentinnen und Konsumenten gewährleistet werden.

Zum Bericht des Bundesrates zur Ausrichtung der zukünftigen Agrarpolitik

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